Haushaltsrede 2023
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,
Ja ist denn schon wieder „Haushaltsrede“? O.k., scheinbar ist das Jahr tatsächlich schon wieder vorbei – und was war in diesem Jahr? Es war auf jeden Fall viel Hektik, die von einem großen und bitteren Ereignis in der Ukraine überschattet wurde. Dieser Schatten kam recht schnell und heftig, heftiger als wir das alle angenommen hatten und er ist noch immer da. Ob und wann er verschwindet und was dann sein wird, kann keiner beantworten. Unsere Loyalität zur Ukraine bleibt bestehen, gemeinsam werden wir den Menschen dort Hoffnung geben und sie unterstützen.
Diese Unterstützung leisten wir als Stadt unter anderem dadurch, dass wir Wohnraum für geflüchtete Menschen aus der Ukraine zur Verfügung stellen. Dafür haben wir auch in 2022 wieder einige Immobilien gekauft und hergerichtet. In dem leider stillgelegten Krankenhaus haben wir zahlreiche Räume angemietet, die das Krankenhaus uns zu sehr guten Konditionen – zumindest aus dessen Sicht – überlässt.
Die finale Schließung unseres Krankenhauses im Oktober war eines der großen Themen des letzten Jahres. Obwohl es für unsere Fraktion eigentlich schon lange abzusehen war, ist es, wenn es dann tatsächlich eintritt, doch ein Schock und sehr emotional. Bei einer nüchternen Betrachtung und Analyse dieses Ereignisses ist den aufmerksamen und kritischen Personen aufgefallen, dass solche Prozesse ohne Rücksicht auf Personen und deren Bedürfnisse durchgezogen werden. Aussagen zu Schließungszeiträumen und der „super tollen und sorgfältigen“ Integration der zu versetzenden Menschen zu anderen Krankenhausstandorten wurde, nach uns zugetragenen Informationen, auch nicht so durchgeführt, wie es in den emotionalen Reden der verantwortlichen Personen angekündigt wurde.
Das zweite große, politische Thema des letzten Jahres war natürlich die Fusion der SVS mit der SWA. Dieses an und für sich rationale Thema wurde in zahlreichen Debatten und Veröffentlichungen sehr emotional und mit harter Bandage ausgefochten. Am Ende wurde demokratisch für die Fusion abgestimmt, das ist dann auch in Ordnung so. Hier hätten wir uns eine demokratische Lösung gewünscht und keine knappe Kampfentscheidung, in der halb Stadtlohn gegen die Fusion gestimmt hat.
Bezeichnend war für uns in diesem Prozess, dass nur die CDU und die FDP für den Erhalt des Firmensitzes in Stadtlohn gekämpft haben. Auch die von der UWG und der SPD für so wichtig angesehenen Freunde aus Südlohn und Vreden, unsere langjährigen Partner in der SVS, haben sich keine Sekunde für Stadtlohn eingesetzt. Dort hat man die Fahne schnell in den Wind aus Richtung Ahaus gehängt und hat uns Stadtlohner mit unseren Sorgen alleine gelassen. Unsere Ratskollegen der UWG, SPD und der Grünen haben sich am Ende sogar mit den Parteien aus Vreden und Südlohn verbrüdert, um sich gegen die Standortinteressen von Stadtlohn einzusetzen. Man hat sich sogar Sorgen darüber gemacht, wie denn unsere loyalen Freunde aus Vreden und Südlohn wohl über uns denken würden, wenn wir gegen die Fusion sind. Der SPD ging es letzten Endes wahrscheinlich darum, den „Bürgermeister aus ihren Reihen“ zu beschützen und sie haben es dann mal wieder geschafft, die UWG durch Argumente derart anzufüttern, dass diese sich für die Fusion ausgesprochen hat. Es war ja auch viel leichter und risikoärmer, dafür zu sein als sich dagegen auszusprechen.
In den nun zwei Jahren Ratsarbeit habe ich gelernt, dass selbst in unserer Kommunalpolitik – und nicht nur in Berlin - viel geredet und nicht immer konsequent gehandelt wird. Jeder spricht gerne davon, dass man was verändern möchte, auch unser Bürgermeister war mal dafür angetreten. Wenn es dann aber darum geht, auch mal etwas pragmatisch anzufassen und Dinge zu ändern, dann bleibt man doch gerne bei alt bekannten Vorgehensweisen.
Die CDU zum Beispiel. Im WISA wird das Bauamt hart dafür angegangen, dass man doch gefälligst alle verfügbaren Kräfte bündelt, unwichtige Dinge ruhen lässt und dann ein Baugebiet mal fertig entwickelt. Kurze Zeit später, wenn es darum geht, ob man einen Kindergarten selber baut oder das einem Investor überlässt, dann ist die CDU ganz vorne dabei, das in alter Tradition natürlich selber zu machen. Dann fragt keiner mehr, welche Ressourcen dafür eingebracht werden müssen und wie viele Arbeitsstunden daran hängen. Wenn man etwas verändern möchte, dann muss man auch was ändern, damit sich was ändert.
Insgesamt muss ich heute aus meiner Sicht leider feststellen, dass in den letzten zwei Jahren nichts Wesentliches beendet wurde. Hier hatten wir eine andere Erwartung an den frischen Wind im Rat und Rathaus.
Veränderungen mögen auch viele Politiker nicht so gerne. Die SPD mag es weiterhin gerne, große Reden an das Volk zu halten und dann aber nichts anzupacken. Man mag die Tradition, mit lauter Stimme, Ratsmittglieder persönlich anzugehen, um mit diesen altertümlichen Mitteln zu versuchen, Menschen einzuschüchtern. Schade, könnte sich gerne mal ändern, aber wir nehmen es, wie es ist und stumpfen weiter ab. Wir lassen uns nicht von guten Ideen, die Stadtlohn weiterbringen, abbringen.
Bei der UWG würden wir uns darüber freuen, wenn man mal mit der Tradition bricht, sich nicht aktiv um wichtige Themen zu kümmern. Sich als zweitgrößte Partei wählen lassen und dann keine Führungsrolle einzunehmen, zeugt von einer traditionellen „dat se nicht doet wat se willt“ Einstellung und nicht von aktivem Veränderungswillen. Ihr seid jetzt selber „se“, das sind nicht mehr nur die von der CDU. Ihr steht jetzt selber am Ruder und müsstet liefern!
Jedes Industrieunternehmen muss sich einem ständigen Veränderungsprozess öffnen, um zurecht zu kommen. Effizienz und Anpassungsfähigkeit sind da gefordert. Uns ist schon klar, dass eine Stadtverwaltung kein Industrieunternehmen ist und dass man dort andere Maßstäbe anzusetzen hat. Aber Ideenreichtum und Pragmatismus helfen auch dort, Optimierungen zu erreichen und seinem Gesellschafter (das sind wir alle als Bürger) nicht mit unnötigen Kosten auf der Tasche zu liegen.
Wir als FDP Fraktion werden weiterhin an den Dingen dranbleiben, uns bei Bedarf auch gerne unbeliebt machen und nervig sein. Wir möchten Stadtlohn voranbringen und es gut für die Zukunft aufstellen, damit wir von den gesellschaftlichen Veränderungen partizipieren und mehr zufriedene Menschen und moderne Arbeitsplätze nach Stadtlohn holen.
Abschließend möchte ich mich auch in diesem Jahr im Namen der gesamten FDP-Fraktion für die mal wieder sehr gute und professionelle Vorbereitung des Haushaltes durch den Kämmerer und seinen MitarbeiterInnen bedanken. Die gesamte Verwaltung hat in dem vergangenen Jahr viele Sonderaufgaben aufgedrückt bekommen, wie z.B. die Unterbringung vieler geflüchteter Menschen, die Vorbereitungen auf eine mögliche Energiemangellage usw. Für diese Aufgabenbewältigung möchten wir uns bedanken.
Dem Haushaltsentwurf mit den heute abgestimmten Änderungen stimmen wir von der FDP zu. Denn aus parteipolitischem Kalkül heraus dagegen zu sein, wäre nicht im Sinne der von uns gerne eingeforderten, sachorientierten Kommunalpolitik und es würde uns als Stadt auch nicht weiterbringen.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. Albert Daniels